Im ersten Teil unseres Beitrags haben wir Ihnen bereits die Charakteristika der Einzelpraxis, der Gemeinschaftspraxis und der Praxisgemeinschaft vorgestellt. Hier erfahren Sie nun alles über die Vor- und Nachteile der weiteren Rechtsformen von Arztpraxen und wie Sie für sich selbst die richtige Entscheidung treffen.
Medizinisches Versorgungszentrum
Das Medizinische Versorgungszentrum (MVZ) gehört ebenso wie die Gemeinschaftspraxis zu den Berufsausübungsgemeinschaften. Dabei müssen im MVZ mindestens zwei Ärztinnen oder Ärzte mit mindestens zwei halben Versorgungsaufträgen bzw. Zulassungen tätig sein – ob fachgleich oder fachübergreifend ist nicht entscheidend. In vielen Fällen haben die Ärztinnen und Ärzte vorher in einer eigenen Praxis praktiziert und diese zusammen mit ihren Zulassungen entgeltlich in die MVZ-Gesellschaft eingebracht.
Im Medizinischen Versorgungszentrum arbeiten sie nun als angestellte Ärztinnen und Ärzte – eine freiberufliche Tätigkeit in einem MVZ kommt nur selten vor. In jedem MVZ muss es außerdem eine medizinische Leitung geben, die für die Richtigkeit der Honorarabrechnungen gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung einsteht.
MVZ: Gründung nicht nur durch Ärztinnen und Ärzte möglich
Anders als Gemeinschaftspraxen können Medizinische Versorgungszentren nicht nur von Ärztinnen und Ärzten, sondern auch von zugelassenen Krankenhäusern, Erbringern nicht-ärztlicher Dienstleistungen, anerkannten Praxisnetzen, gemeinnützigen Trägern, die aufgrund von Zulassung oder Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, sowie von Kommunen gegründet werden. Die Gründung von Medizinischen Versorgungszentren ist deshalb insbesondere für die Gruppe der „Nichtärzte“ interessant, weil diese über das Medizinische Versorgungszentrum Patientinnen und Patienten aus der ambulanten Versorgungsebene in andere Versorgungsstrukturen (z. B. ein Krankenhaus) überweisen können. Unabhängig vom Personenkreis, der ein MVZ gründen darf, sind es aber immer Ärztinnen und Ärzte, die in einem Medizinischen Versorgungszentrum arbeiten.
MVZ versus Gemeinschaftspraxis: Nur wenige Vorteile
Beabsichtigen Medizinerinnen oder Mediziner, sich in einer Berufsausübungsgemeinschaft zusammenzuschließen, bringt die Gründung eines Medizinischen Versorgungszentrums gegenüber der Gründung einer klassischen Gemeinschaftspraxis nur in wenigen Fällen tatsächliche Vorteile. Häufig werden Medizinische Versorgungszentren nur gegründet, um in überversorgten Regionen die Praxisnachfolge zu sichern, ohne zur Ausschreibung des Versorgungsauftrages verpflichtet zu sein.
In diesem Zusammenhang wird häufig eine MVZ-GmbH gegründet, damit die Ärztinnen und Ärzte zugleich als Gesellschafter der GmbH und als Angestellte des MVZ tätig werden können. Eine Praxisübertragung an eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger erfolgt dann über den Verkauf von Gesellschaftsanteilen, verbunden mit einem Wechsel der im MVZ angestellten Ärztin oder des angestellten Arztes. Da die GmbH jedoch nur über ein begrenztes Stammkapital verfügt, verlangt die Kassenärztliche Vereinigung von jedem Gesellschafter eine selbstschuldnerische Bankbürgschaft, um etwaige Regressrisiken abzusichern – was mit nicht unerheblichen Zusatzkosten verbunden ist. Außerdem fällt für die MVZ-GmbH zusätzlich eine Körperschaftssteuer an.

Über Frank Macht
Frank Macht ist Rechtsanwalt, Fachanwalt für Medizinrecht sowie Berater im Gesundheitswesen und arbeitet bei der Ärztlichen Unternehmensgruppe Büdingen Nova. Dort berät er sowohl Praxisabgebende, die eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger suchen, als auch Ärztinnen und Ärzte, die eine Praxis gründen möchten.
Medizinische Kooperationsgemeinschaft
In der medizinischen Kooperationsgemeinschaft können sich Ärztinnen und Ärzte auch mit Berufsangehörigen anderer akademischer Heilberufe oder staatlicher Ausbildungsberufe im Gesundheitswesen sowie mit anderen Naturwissenschaftlern und Angehörigen sozialpädagogischer Berufe zusammenschließen. Voraussetzung ist allerdings, dass die Beteiligten in der medizinischen Kooperationsgemeinschaft einen gleichgerichteten oder integrierenden diagnostischen oder therapeutischen Zweck bei der Heilbehandlung erfüllen. Denkbar wäre hier z. B. die Zusammenarbeit zwischen einer Fachärztin für Orthopädie und Unfallchirurgie mit einem Physiotherapeuten oder die Zusammenarbeit zwischen einem Gynäkologen und einer Hebamme.
Praxisverbund
Weiterhin dürfen sich Ärztinnen und Ärzte zu einem Praxisverbund zusammenschließen, ohne dass sie eine Berufsausübungsgemeinschaft bilden. Der Praxisverbund ist auf die Erfüllung eines Versorgungsauftrags gerichtet, der durch gemeinsame oder gleichgerichtete Maßnahmen bestimmt wird, – oder aber auf eine andere Form der Zusammenarbeit zur Patientenversorgung, zum Beispiel auf dem Gebiet der Qualitätssicherung oder der Versorgungsbereitschaft.
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Job-Sharing
Das Job-Sharing ist keine „Niederlassungsform“ im eigentlichen Sinn wie zum Beispiel die Einzelpraxis, die Gemeinschaftspraxis oder das Medizinische Versorgungszentrum. Über das Job-Sharing erhält eine Ärztin oder ein Arzt vielmehr die Genehmigung, in einem gesperrten KV-Planungsbereich tätig zu werden und gesetzlich Krankenversicherte behandeln zu dürfen, ohne selbst Inhaberin bzw. Inhaber einer eigenen KV-Zulassung zu sein.
Dabei funktioniert das Job-Sharing immer nur gemeinsam mit jemandem, der bereits eine ärztliche Zulassung besitzt. Der Zulassungsausschuss erteilt diesem dann die Genehmigung, eine weitere Ärztin bzw. einen weiteren Arzt „mitarbeiten“ zu lassen.
Mitarbeit auf Angestellten- oder Freiberufler-Basis
Dabei kann die Mitarbeit des weiteren Arztes auf Angestellten-Basis oder auf Freiberufler-Basis erfolgen: Bei einem Job-Sharing auf Freiberufler-Basis liegt eine Zwei-Personen-Gemeinschaftspraxis vor, bei einem Job-Sharing auf Angestellten-Basis hingegen eine Einzelpraxis mit einer angestellten Ärztin oder einem angestellten Arzt.
Der Zulassungsausschuss erteilt die Genehmigung für das Job-Sharing nur unter der Bedingung, dass das bestehende Praxisbudget des Zulassungsinhabers durch die Mitarbeit nicht weiter ausgedehnt wird – es dürfen also keine höheren Kosten für das Gesundheitswesen anfallen, auch wenn nun mehr Patientinnen und Patienten behandelt werden können.
Maßstab für die einzuhaltende Budgetobergrenze sind die abgerechneten letzten vier Quartale des Praxis-/Zulassungsinhabers. Wurde in den letzten vier Quartalen überdurchschnittlich hoch abgerechnet, wirkt sich dies auch positiv auf den „Budgetdeckel“ beim Job-Sharing aus. Bei unterdurchschnittlichen Quartalen ist trotz des Budgetdeckels beim Job-Sharing ein Wachstum auf den Fachgruppendurchschnitt erlaubt.
Job-Sharing: Achtung Praxisbudget
Abgesehen von dieser Ausnahme drohen bei Budgetüberschreitungen im Rahmen des Job-Sharings Honorarrückforderungen bzw. Honorareinbehalte von Seiten der Kassenärztlichen Vereinigung – daher ist es sehr wichtig, das eigene Praxisbudget immer im Blick zu behalten. Wird das Job-Sharing auf Freiberufler-Basis durchgeführt, erhält der Job-Sharer eine eigene „vollwertige“ Zulassung, nachdem er oder sie 10 Jahre lang ununterbrochen gemeinsam mit der Zulassungsinhaberin oder dem Zulassungsinhaber tätig war. Darüber hinaus werden einem Job-Sharer bei drei- bzw. fünfjähriger gemeinsamer Tätigkeit Vorteile eingeräumt, wenn es um die Auswahl unter mehreren Bewerbern im Verfahren vor dem Zulassungsausschuss sowie bei einer partiellen Öffnung des Planungsbereichs geht.
Neben der Budgetobergrenze ist bei dem Job-Sharing außerdem von Nachteil, dass der Job-Sharer bei vorzeitiger Beendigung der gemeinsamen Zusammenarbeit ohne Zulassung „auf der Straße“ steht.
Wie finden Ärztinnen und Ärzte die für sie richtige Rechtsform der Arztpraxis?
Zunächst einmal hängt es von der persönlichen Einstellung der jungen Ärztin oder des jungen Arztes ab, ob man lieber unabhängig und auf sich allein gestellt in einer Einzelpraxis arbeiten möchte oder doch eher kompromissbereit ist und auf die „Sicherheit“ der Gemeinschaftspraxis baut. Eine Rolle spielt auch, in welcher Region des jeweiligen Bundeslandes sich die Ärztin oder der Arzt „zu Hause fühlt“ und ob Familie vorhanden ist oder nicht. So entscheidet sich eine Ärztin oder ein Arzt mit Kindern möglicherweise eher für eine Praxistätigkeit auf dem Land, weil dort die Baugrundstücke noch günstiger sind. Bei einer Praxisübernahme in der Stadt ist die Konkurrenz zudem häufig größer, dafür aber möglicherweise die Infrastruktur besser.
Entscheidung für eine Praxisform: Das Gesamtpaket entscheidet
- Bekomme ich eine Praxis in meiner Wunschregion?
- Wie hoch ist der Kaufpreis?
- Wird die Praxisübernahme gegebenenfalls gefördert?
- Sind die Räumlichkeiten, das Inventar und der Standort geeignet?
- Wie ist die Konkurrenzsituation vor Ort?
- Arbeite ich alleine oder zusammen mit anderen?
- Was kann ich mit welchem Arbeitsaufwand verdienen?
Um Antworten auf all diese Fragen zu finden und am Ende die richtige Entscheidung zu treffen, ist es sehr hilfreich, wenn junge Ärztinnen und Ärzte vor einer Übernahme bereits in der ausgesuchten Praxis mitgearbeitet haben. Dies ist umso wichtiger, wenn der Eintritt in eine Gemeinschaftspraxis geplant ist, bei der die Einsteigerin oder der Einsteiger auch für Altverbindlichkeiten haftet. Viele Entscheidungen fallen tatsächlich schon in der Weiterbildungszeit, wenn junge Ärztinnen und Ärzte bei einer Praxis hospitieren und von dieser einen guten Eindruck gewinnen. Ist man später jedoch auf der konkreten Suche nach einer Praxis, schadet es nicht, sich unabhängig davon mehrere Praxen anzuschauen und die Kaufpreise zu vergleichen.
In welcher Rechtsform arbeiten Ihre Kolleginnen und Kollegen?
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